Die Freistellungsbescheinigung – in diesen Fällen ist sie notwendig!

Februar 15, 2023
Lesezeit: 4 Minuten

Inhaltsverzeichnis

Im Jahr 2002 wurde die sogenannte Bauabzugssteuer eingeführt, um illegale Beschäftigung im Baugewerbe einzudämmen. Diese besagt, dass Auftraggeber von Bauleistungen 15% des Rechnungsbetrages einbehalten und an das Finanzamt abführen müssen. Mithilfe einer Freistellungsbescheinigung kann diese Regelung allerdings ausgehebelt werden. Willst du wissen, wie das funktioniert? Welche steuerlichen Auswirkungen hat eine Freistellungsbescheinigung und wie kannst du sie beantragen? Wir erklären dir alles in unserem Ratgeber.

In diesen Fällen benötigst du eine Freistellungsbescheinigung

Der Paragraf 48 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) regelt, dass Bauleistungen seit dem 1. Januar 2002 der Bauabzugssteuer unterliegen. Zu diesen Bauleistungen zählen:

  • Bauwerkerrichtung, aber auch mit dem Boden verbundene Geräte wie Öltanks
  • Instandsetzung und Instandhaltung
  • Bauliche Änderungen am Bauwerk
  • Abrissarbeiten

Die Konsequenz für dich ist folgende: Kannst du als Bauleister keine Freistellungsbescheinigung deines Finanzamtes vorlegen, muss sich dein Auftraggeber 15 % der Auftragssumme einbehalten und an das Finanzamt abführen. Das heißt für dich:

  • Du musst die Bauabzugssteuer in deine Preise einkalkulieren und hast finanzielle Nachteile gegenüber anderen Baufirmen mit Freistellungsbescheinigung.
  • Wenn dein Auftraggeber die Bauabzugssteuer nicht an das Finanzamt abführt, haftest du und hast somit sogar den doppelten Nachteil.

Kannst du deinem Auftraggeber allerdings eine Freistellungsbescheinigung vorlegen, entfällt die Bauabzugssteuer gänzlich und du erhältst deinen kompletten Auftragswert ausgezahlt. Allerdings gilt die Bauabzugssteuer nur bei Bauleistungen im Inland, die an einen anderen Unternehmer oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts erbracht werden. Wenn du eine Bauleistung an eine Privatperson zur Eigennutzung erbringst, entfällt diese.

Diese Regelung ist unabhängig davon, ob du umsatzsteuerpflichtig bist oder nicht. Sie zählt ebenfalls für Kleinunternehmer und Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Leistungen erbringen, beispielsweise Ärzte. Auch Haus- und Wohnungseigentümer, die ihre Wohnungen fremd vermieten, fallen unter diese Vorschrift.

Doch wie immer gibt es Ausnahmen, die sogenannte Bagatellgrenze: bei wertmäßig kleinen Aufträgen bis 5.000 Euro brutto je von dir beauftragten Unternehmer oder beauftragendem Kunden, kann die Abzugsbesteuerung unterbleiben. Bei Wohnungsvermietern erhöht sich die Freigrenze auf 15.000 Euro pro Jahr und pro Unternehmer.

Die steuerlichen Auswirkungen der Freistellungsbescheinigung

Im Paragraf 13b Umsatzsteuergesetz (UStG) ist die umgekehrte Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen geregelt. Diese besagt, dass nicht der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer an das Finanzamt schuldet. Mithilfe einer Freistellungsbescheinigung würde die Umsatzsteuerschuld bei von dir geleisteten Tätigkeiten also von dir abfallen – du kannst deine Rechnung Netto gleich Brutto ausstellen.

Im Zusammenhang mit der Bauabzugssteuer würde es außerdem bedeuten, dann du vom Auftraggeber deinen vollen Rechnungsbetrag überwiesen bekommst. Hättest du keine Freistellungsbescheinigung, würdest du nur 85 % erhalten, müsstest aber die komplette ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen.

So kannst du eine Freistellungsbescheinigung beantragen

Die Freistellungsbescheinigung musst du bei deinem zuständigen Finanzamt beantragen. Hierfür musst du folgende Angaben machen:

  • Name und Anschrift deiner Baufirma
  • Steuernummer deines Betriebs
  • Hinweis auf Beantragung einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG für eine Bauleistung, für die der Gesetzgeber den Abzug der Bauabzugssteuer vorsieht

Wenn du eine allgemeine Freistellungserklärung beantragst, die sich nicht nur auf ein bestimmtes Bauprojekt bezieht, erhältst du nicht die Originalurkunde, sondern nur eine Kopie. Dein Auftraggeber ist dann in der Pflicht, die Echtheit zu prüfen – beispielsweise im Internet.

Um eine Freistellungsbescheinigung zu beantragen, musst du allerdings gewisse Voraussetzungen erfüllen. So muss sichergestellt sein, dass der Steueranspruch des Finanzamts durch die Erteilung der Bescheinigung nicht gefährdet ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 EStG). Eine Gefährdung liegt vor, wenn du deine Anzeigepflichten gemäß Paragraf 138 Abgabenordnung (AO) nicht erfüllst, deiner Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nach Paragraf 90 AO nicht nachkommst oder den Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit nicht erbringst.

Unsere Tipps zu Gültigkeit und Steuerabzug

Bei der Beantragung der Freistellungsbescheinigung kannst du entscheiden, ob diese auftragsbezogen oder allgemein ausgestellt werden soll. Auftragsbezogene Freistellungsbescheinigungen sind bis zur Bauabnahme oder der Zahlung der Schlussrechnung gültig. Allgemeine Freistellungsbescheinigungen haben eine Gültigkeit von maximal drei Jahren ab dem Datum der Ausstellung – hier musst du also regelmäßig prüfen, wann du selbst eine Verlängerung beantragen musst oder ob die dir vorgelegten Freistellungsbescheinigungen deiner Subunternehmer noch gelten.

Um auf der sicheren Seite zu sein, solltest du immer auf die Vorlage der Freistellungsbescheinigung bestehen. Bei einem Verstoß gegen die Bauabzugsbesteuerung droht dem Auftraggeber ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro. Das Problem ist nämlich: Wenn du im Frühjahr einem Elektriker einen Auftrag über 4.000 vergibst, musst du zum Jahresende daran denken, dass bei einem weiteren Auftrag über 5.000 an den gleichen Unternehmer die Bagatellgrenze überschritten wurde und die Bauabzugssteuer hätte einbehalten werden müssen.

Wichtige Aspekte zur Prüfung der Freistellungsbescheinigung

Wenn du oder dein Auftraggeber wissen möchten, ob eine vorgelegte Freistellungsbescheinigung gültig ist, besteht die Möglichkeit, dies auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) zu prüfen. Hierfür benötigst du das Bundesland, in dem der Leistende seinen Sitz hat sowie dessen Steuernummer und die Sicherheitsnummer der Bescheinigung. Sollte die Abfrage zu keinem Ergebnis führen, kannst du bei dem Finanzamt, welches die Bescheinigung für die Freistellung ausgestellt hat, nachfragen.

Jetzt mehr rund um die Bauabzugssteuer erfahren!

Wie du siehst, ist eine Freistellungsbescheinigung äußerst vorteilhaft, wenn du im Baugewerbe tätig bist. Sie ist aber auch wichtig, wenn du selbst einen Bauunternehmer für deine unternehmerische Tätigkeit beauftragst – wird dir keine Freistellungsbescheinigung vorgelegt, musst du die Bauabzugssteuer an das entsprechende Finanzamt abführen, was zu einem ziemlichen bürokratischen Aufwand werden kann. Prüfe regelmäßig die Gültigkeit, sowohl deiner als auch der dir vorgelegten Freistellungsbescheinigungen, um Probleme beim Antrag mit dem Finanzamt zu vermeiden.

Ähnliche Beiträge

Ein Projekt der RIK JAMES Media GmbH.
magnifiercrossmenuarrow-right